Der algorithmische Handel bietet deutliche Vorteile
Pressespiegel: energate messengerEssen (energate) – Im Vergleich zum Strom enthält der Erdgashandel noch viele manuelle Prozesse. Woran das liegt und wieso eine Digitalisierung des Handels dennoch sinnvoll sein kann, darüber sprach energate mit Jürgen Mayerhofer, Geschäftsführer des Softwareunternehmens Visotech.
energate: Herr Mayerhofer, warum ist der Erdgashandel noch weitgehend manuell geprägt?
Mayerhofer: Die Rahmenbedingungen im Gashandel sind gänzlich andere als im Stromhandel. Der Stromhandel unterliegt, ausgehend von der Volatilität erneuerbarer Energien, einem hohen Marktdruck. Der Gasbereich ist leichter überschau- und handhabbar. Hier werden deutlich weniger Produkte mit geringerer Volatilität gehandelt. Damit einhergehend besteht kaum Bedarf an Schichtbetrieb. Die Preise sind relativ stabil, die Geschwindigkeit ist geringer als im Stromhandel, genauso wie die Liquidität. Es ist nach wie vor machbar, Gas manuell zu handeln, auch wenn der automatisierte, algorithmische Handel Vorteile bietet. Im Gassektor steht ausreichend Speicherkapazität zur Abdeckung von Bedarfsschwankungen zur Verfügung. Der Handel hat, im Unterschied zum Stromhandel, lange Vorlaufzeiten. Durch das Tagesbilanzierungsregime ist auch das Kostenrisiko deutlich geringer als im Strombereich.
energate: Wieso ist eine Digitalisierung der Prozesse dennoch sinnvoll?
Mayerhofer: Der automatisierte Handel eröffnet die Möglichkeit, rund um die Uhr zu handeln, ohne dass die Einrichtung eines Schichtbetriebs notwendig ist. Beziehungsweise lässt sich der Schichtbetrieb in eine Rufbereitschaft ändern. Das reduziert einerseits die Kosten, andererseits eröffnet dies Marktchancen, ohne dass hohe Personalkosten für die Nachtarbeit entstehen. Durch diese automatisierte Arbitrage können Marktineffizienzen gezielt genutzt und gleichzeitig vereinzelte Marktereignisse ohne manuelle Eingriffe berücksichtigt werden. Assets wie Speicher oder Kapazitäten, lassen sich einfacher optimieren und zusätzliche Asset-Potenziale generieren.
energate: Welche Voraussetzungen muss ein Tool zum digitalen Handel erfüllen?
Mayerhofer: Prinzipiell sollte eine voll automatisierte Handelslösung über Algorithmen verfügen, die die sich ändernden Marktbedingungen beobachten und den Handel Tag und Nacht abwickeln. Dabei müssen Parameter und Limits anpassbar und manuelle Trades weiterhin möglich sein. Zudem sollte eine Schnittstelle zu Pegas vorhanden sein. Des Weiteren sollte eine Integration mit vor- und nachgelagerten Prozessen wie Fahrplan- und Bilanzkreismanagement möglich sein. Das System sollte auch die Besonderheiten der einzelnen Märkte, wie etwa Restriktionen im Gasfluss, sowie Rest-of-Day-Produkte und leeres Orderbuch während des Wechsels von Day-Ahead auf Within-Day, berücksichtigen.
Hilfreich sind zudem Methoden zur Risikokontrolle und der Möglichkeit zum Backtesting und der Simulation von Algorithmen. Unsere Lösung, der „Periotheus autoTRADER“, beispielsweise erfüllt diese Anforderungen und unterstützt zudem den Stromhandel an den großen europäischen Börsen, wie EPEX SPOT und Nord Pool. Somit kann der gesamte Geschäftsprozess nahtlos und effizient digitalisiert werden. Dies hilft Energieversorgern dabei, wettbewerbsfähig zu bleiben, auch wenn der Markt insgesamt anspruchsvoller und zunehmend digital wird. Eines der führenden Unternehmen im österreichischen Gassektor etwa setzt unsere Lösung bereits als Teil seiner Innovations- und Digitalisierungsstrategie ein.
Die Fragen stellte Mareike Lickfeld, energate-Redaktion Essen. Das Interview erschienen in: energate messenger 15.06.2018; © 2018 energate gmbh.
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